Architektur
Die vorgeschlagene Konzeption stellt den Bewohnenden in den Mittelpunkt der Überlegungen. Die Bewohnerzimmer sind keine konventionellen Altersheimzimmer, sie sind sehr wohnlich ausgestaltet und wie kleine Appartements organisiert. Ein räumlicher Versatz im Grundriss des Appartements ermöglicht die Zonierung der Einheit in verschiedene Bereiche: Eingang mit Garderobe und angrenzender Nasszone, Rückzug Schlafen mit grossem Einbauschrank und offener Bereich Wohnen mit Loggia.
Die Bereiche sind je nach Pflegestufe flexibel nutzbar. Aneinandergereiht bilden die Appartements zwei jeweils ringförmig organisierte Wohngruppen auf einer Ebene. Die Wohngruppen zeichnen sich aus durch eine grosse Übersichtlichkeit und kurze Wege. Die Kernbereiche der Ringe werden über Lichthöfe natürlich belichtet. Angegliedert finden sich Raumkörper mit dienenden Funktionen sowie zusätzliche Aufenthaltsflächen mit Raumbezügen nach innen und Sitznischen mit Orientierung nach aussen. Zu jeder Tageszeit bieten sie unterschiedlich besonnte und belichtete Rückzugsmöglichkeiten und Kontemplation für verschiedenste Bedürfnisse. Im Verschränkungsbereich der beiden Ringsysteme befindet sich die Haupterschliessungszone mit vier Aufzügen und einem wunderschönen Treppenhaus. Anschliessend befinden sich zentrale Aufenthaltsbereiche für beide Wohngruppen. Die Dienstzimmer befinden sich im Eingangsbereich zur jeweiligen Wohngruppe und gleichzeitig zentral und übersichtlich im Ringsystem.
Die allgemeinen Bereiche befinden sich im Erdgeschoss, sie sind offen, freundlich und angenehm im Charakter einer Hotellobby konzipiert. Eine grosszügige Eingangshalle mit Oblichtverglasungen empfängt die Besucher mit einladender Geste und führt zum Tagesbistro, zur Rezeption, zum Laden sowie zum Kulturraum (Mehrzweckraum). Im direkten Anschluss bilden die Verwaltung und die ambulanten Dienste (Spitex, Drehscheibe) eine weitere Raumgruppe, weiter die innenliegenden Bereiche für die Wäscherei mit Belichtung über den Lichthof und Blickbeziehung aus den Allgemeinzonen. Um einen bepflanzten Innenhof Richtung Nordosten gruppieren sich die Wohneinheit für die Tages- und Nachtgäste sowie ein Atelier als Aktivierungsraum.
Als Sonderelement fungiert der Raum der Sinne mit einzigartiger Gestaltung und spezieller Atmosphäre. Ein Gartenzimmer bildet den Übergangsbereich zur Gartenanlage. Richtung Nordwesten befindet sich samt Lagerräumen die Küche mit Blickbeziehung aus dem Speisesaal. Im Untergeschoss befindet sich die Tiefgarage mit 86 Stellplätzen. Im Kernbereich befinden sich Personalgarderoben und Technikbereiche. Die präzise ortsbauliche Setzung der kompakten Baukörperfigur im westlichen Grundstücksbereich ermöglicht einen äusserst sparsamen Umgang mit der Ressource Grund und Boden. Sie ermöglicht die Ausbildung eines wertvollen parkartigen Gartens mit Rundweg und berankter Pergola. Das Alters- und Pflegezentrum ist konstruktiv als Massivbaute konzipiert. Bandartige Brüstungszonen aus warmtonigem Beton entwickeln eine horizontale Gliederung der Fassaden, die Bereiche zwischen den Bandstrukturen werden durch vorgefertigte Holzelemente gebildet, leicht variiert in seinen Gestaltungsthemen und farblich abgedunkelt ermöglichen diese Strukturen, neben einer ruhigen Präsenz, die Ausstrahlung einer zurückhaltenden Noblesse. Der Innenausbau erfolgt im harmonischen Wechsel von warmtonigen Betonflächen und heimischem Holz, stimuliert alle Sinne und schafft eine wohnliche Atmosphäre in natürlicher und vertrauter Farb- und Materialumgebung.
Signaletik
In Institutionen wie Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bewegen sich Menschen, deren kognitive Funktionen aus unterschiedlichen Gründen meist nur noch eingeschränkt vorhanden sind.
Was bleibt, wenn Sehen, Hören und Erkennen schwinden? Wie können wir diesen Menschen mehr Sicherheit und Orientierung geben? Welche Bedeutung und Wirkung haben Sinnesreize für ältere Menschen mit Demenz und Sehbehinderungen bei der Orientierung im Raum? Beim Schwinden der kognitiven Funktionen erfolgt eine starke Bedeutungssteigerung der emotionalen Ebene. Das signaletische Konzept sieht vor, neben einem einfachen klassischen Orientierungssystem ein neues Leitsystem zu entwickeln, das den Tastsinn anspricht mit dem Ziel nicht nur den kürzesten Weg aufzuzeigen, sondern den Weg über haptische Erlebnisse zu begreifen, denn nichts emotionalisiert und überzeugt uns mehr als das, was wir mit unseren eigenen Händen begreifen und uns mit unseren Fingerspitzen erfahrbar machen können.
Gedrechselte Handlaufprofile aus Holz werden in unterschiedlicher Struktur den einzelnen Wohneinheiten zugeordnet, durch ihre Einzigartigkeit geben sie Orientierung, durch die handwerkliche Fertigung wirken sie lebendig und wertig. Dieser zusätzliche haptische Aspekt verbindet die kognitive mit der emotionalen Ebene. Im Eingangsbereich findet sich eine Übersicht über die unterschiedlichen Handlaufstrukturen samt begleitendem Text: Den Weg begreifen. «In meinem Alter ist es mit dem Sehen und Gehen nicht mehr so, wie es einmal war. Darum verlasse ich mich auch auf meine Hände, um mich zu stützen und zurechtzufinden. Die unterschiedlichen Strukturen der Handläufe hier im Haus sind mir eine grosse Hilfe. Ich kann mit meinen Händen fühlen, wo ich mich befinde, und so den Weg begreifen.»
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